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Bundestag billigt psychiatrische Zwangsbehandlungen im Notfall



Nach einer halbjährigen Pause ist die Zwangsbehandlung von psychisch Kranken in Notfällen wieder möglich. Der Bundestag billigte am 17.01.2013 mit großer Mehrheit einen entsprechenden Gesetzentwurf von Union und FDP. Damit wird Ärzten grundsätzlich erlaubt, psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen in Notsituationen auch gegen ihren Willen zu behandeln.


Richterliche Genehmigung erforderlich
Dafür gelten jedoch einige Bedingungen: Voraussetzung ist etwa, dass einem Patienten ohne Eingreifen erheblicher Gesundheitsschaden droht. Ein Richter muss den Schritt genehmigen, und der Patient muss in stationärer Behandlung sein, also in einer Klinik versorgt werden und nicht in einer Praxis oder zu Hause. Zudem soll nach Möglichkeit ein zweiter Arzt die Notwendigkeit der Behandlung bestätigen. «Wir brauchen eine Regelung für (...) die Ausnahmesituation, wenn es anders gar nicht geht», erklärte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im Deutschlandradio Kultur.

BGH: Zwangsbehandlungen unzulässig
Einige Monate lang war ein solches Vorgehen nicht mehr möglich gewesen. Im Sommer 2012 hatte der Bundesgerichtshof entschieden (BGH, NJW 2012, 2967), Zwangsbehandlungen seien nicht zulässig, weil eine ausreichende rechtliche Grundlage fehle. Genau dafür soll nun das neue Gesetz sorgen. «Ich glaube, dass wir jetzt deutlich die Situation verbessern, auch die Rechtsgrundlage klarer wird, sicherer wird für Ärzte», sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Kritik von Linken
Betroffenen-Vertreter hatten die Gesetzespläne allerdings scharf kritisiert und Zwangsbehandlungen als Folter bezeichnet. Die Linke, die als einzige Bundestagsfraktion gegen das Gesetz stimmte, sprach von einem schweren Eingriff in die Grundrechte und fraglichem Nutzen. Vertreter aus der Psychiatrie wie die Bundespsychotherapeutenkammer befürworteten hingegen die Neuregelung. Sie mahnten jedoch, Zwangsbehandlungen dürften nur das allerletzte Mittel sein.

Keine belastbaren Zahlen zur Medikamentengabe
Etwa 1,2 Millionen Menschen werden jedes Jahr stationär in psychiatrischen Einrichtungen therapiert. Etwas mehr als zehn Prozent davon landen gegen ihren Willen dort. Unklar ist aber, wie viele Patienten in solchen geschlossenen Stationen ohne ihre Zustimmung Medikamente bekommen oder andere medizinische Eingriffe über sich ergehen lassen. Belastbare Zahlen dazu gibt es nicht.

Quelle: Mitteilung des Beck-Verlags zur Neuordnung der Zwangsbehandlung